Donnerstag, 21. Januar 2021

Warum Beadbag-Taschen das kosten, was sie kosten

Auf die Frage einiger Kunden, warum ähnliche Taschen aus alten Reis-, Fisch- oder Zementsäcken zum Beispiel in Thailand, wo Urlauber solche gesehen haben, viel weniger kosten, haben wir mal eine Aufstellung gemacht. Sie war am Ende für uns als Produzenten auch sehr interessant.

1      Man vergleicht den Verkaufspreis des Straßenverkäufers eines Entwicklungslandes mit einem Unternehmen, das professionell in einem entwickelten Industrieland seine Waren verkauft.

2      Es ist ein großer Unterschied, ob eine Familie oder kleinere Produzenten etwas herstellen oder ob eine große Anzahl von verfügbaren Arbeitskräften dauerhaft für uns arbeiten und von uns bezahlt werden. Wir haben mit 6 Näherinnen begonnen, jetzt beschäftigen wir zur Hochzeit etwa 600 Näher und Näherinnen, davon viele Behinderte und alleinstehende Frauen. Laufen uns diese angelernten Kräfte weg, haben wir ein großes Problem.

3      Wir bezahlen den höchsten Lohn im Bereich der Textilindustrie für unsere Arbeiterinnen in ganz Kambodscha (wo wir produzieren lassen). Da wir unter dem Dach der World Fair Trade Organisation produzieren lassen, erhöht das unsere Produktionskosten im Vergleich zu anderen allein schon um 100%. Wir haben also gegenüber dem dort üblichen Markt doppelte Herstellungskosten!

4        Wir lassen gemäß deutschen Qualitätsstandards produzieren, auch das erhöht die Produktionskosten zusätzlich.

Dazu die drei wichtigsten Beispiele:

-          Unsere Taschen erhalten qualitativ viel hochwertigere Reißverschlüsse. Herkömmliche Reißverschlüsse lassen die Garantierichtlinien für Deutschland nicht zu. Gerade ein Reißverschluss birgt den höchsten Reklamationsgrad.

-          Alle unsere Taschen erhalten die doppelte Materialstärke. Das bedeutet, statt eine Tasche z.B. aus einem Zementsackmaterial herzustellen, nähen wir zwei Materialien zusammen. Das Innenfutter wird aus Reis- bzw. Fischsackmaterial genäht und zusätzlich noch einmal mit dem Außenmaterial. Doppelter Materialaufwand, doppelter Arbeitsaufwand.

-          Die Taschen erhalten immer besonders dicke Nähte für schwere Lasten; Fadenstärken und Nähmaterial müssen dafür geeignet sein. Das erfordert Profinähmaschinen.

5      Die Materialbeschaffung ist für uns noch einmal gesondert zu betrachten. Wir benötigen immer eine ausreichende Menge für die Herstellung unserer im Upcycling-Verfahren produzierten Taschen. Das Rohmaterial besteht zwar aus „Wegwerf-Materialien“, es muss aber immer die gleiche gute Qualität haben. Die Säcke dürfen nicht färben, müssen optisch noch in einem sehr guten Zustand sein, müssen gesammelt sowie gewaschen und in großer Menge zu unseren Produktionsstätten geliefert werden. Diese Extrakosten hat der Verkäufer auf der Straße, z.B. in Thailand, gar nicht.

6      Steuern – jeder Käufer, so auch der Tourist in Thailand, bezahlt auf die meisten Waren 7 % Steuern, wir zahlen hier 19 %!

7      Der Verwaltungsaufwand für uns hier in Deutschland, um die Zertifikation wie z.B. Fair Trade zu erhalten und dauerhaft nachzuweisen, kostet uns einen zusätzlichen Betrag. Diese Kosten fallen für uns hier in Deutschland an. 

8      Versandkosten nach Europa kommen hinzu, von A wie Abwicklung und Logistik bis Z wie Zollgebühren. Das lassen wir externe Expertenunternehmen für uns erledigen.

9      In Europa fallen Marketingkosten an, Kosten für Entwicklung und Design sowie Vertriebskosten, dazu noch die Lohnkosten unserer Mitarbeiter.

10   Wenn das alles bezahlt wurde, möchten unsere Händler auch etwas daran verdienen, hier sind also deren Kosten auch alle enthalten, plus, nicht zu vergessen, deren Verdienst.

11   Verbraucherrechte sind wichtig, kosten aber unser aller Geld. Internetkäufe können z.B. 14 Tage ohne Angabe von Gründen rückabgewickelt werden.  Auch die Garantieansprüche des Käufers gegenüber uns Herstellern sind in Europa die höchsten weltweit. Das wird natürlich auf jeden Preis angerechnet.

12    Und ganz am Ende kann es sein, dass Sie als Kunde z.B. eine Tasche mit einem Tragegurt ausgesucht haben, der ein Upcycling-Produkt aus dem Hamburger Hafen ist. Diese Gurte werden dort als „Sondermüll“ gesammelt, von uns abgeholt, von Metallen befreit, gehen per Versand aus unserem Zwischenlager in Norddeutschland in unsere Förderwerkstätten, werden dort gewaschen sowie genäht und dann an unsere Taschen angebracht. Und auch das ist alles Handarbeit, und zwar aus Deutschland. Und auch hier, in unseren Förderwerkstätten, tun das alles Menschen, die auf dem freien Arbeitsmarkt sonst sehr zu kämpfen hätten.

13  Bitte entscheidet selbst, ob unsere Preise für unsere Taschen gerechtfertigt sind. Denn das alles bezahlt nachher der Endverbraucher mit, wenn er ein Markenprodukt von uns kauft.

Wir selbst und auch unsere Partner in Südostasien, das dürfen wir von uns wohl ohne Selbstüberschätzung behaupten, sind auf unserem Gebiet der Produktion von nach Fairtrade-Maßstäben hergestellten Upcycling-Produkten inzwischen absolute Experten. Die Qualitätsansprüche, die wir an unsere Produkte stellen, haben wir dort auf dem südostasiatischen Markt ansonsten so noch nicht finden können.

Bleibt alle gesund 
Chris